Zuversicht in Krisenzeiten - Impulse von Vera Starker
Warum Zuversicht in die Führungsetagen einziehen sollte.
Text: Aylin Krieger
Krise, Komplexität, Kontrollverlust: In unsicheren Zeiten sehnen sich viele Menschen nach klaren Ansagen. Einer starken Hand, die zeigt, wo es langgeht.
Aber was bringt wirklich Orientierung? Die Antwort überrascht. Und hat mit Zuversicht zu tun.
Vor Kurzem war Vera Starker, Expertin für neue Führung, Organisationsentwicklung und psychologische Resilienz, für einen Impulsvortrag für die BREM.jetzt-Mitgliedsunternehmen in Bremen. Was sie mitgebracht hat, ist keine leichte Kost – aber ein wertvoller Blick auf das, was Unternehmen heute stark macht.
Nämlich nicht mehr Kontrolle, sondern Zuversicht.
Krise ist das neue Normal
In Wirtschaft und Beratung wurde lange über „VUKA“ gesprochen, ein Akronym für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Es beschreibt die Bedingungen einer Welt, in der kaum noch etwas planbar ist, es keine einfachen Lösungen mehr gibt und Führung ständig neu gedacht werden muss.
Jetzt ist diese Welt real. Oder, wie Vera Starker es sagt:
„Wir haben die Theorieprüfung bestanden – jetzt kommt die Fahrstunde.“
Dazu kommt: Die Krisen treten nicht mehr einzeln auf, sie sind miteinander verzahnt. Fachleute sprechen von Polykrisen. Klima, Kriege, Inflation, Digitalisierung – alles gleichzeitig, alles miteinander verwoben. Kein Wunder, dass selbst Top-Manager:innen überfordert sind.
Die Reaktion? Oft der Griff zum Altbewährten
Laut Starkers Zuversichts-Studie zeigen zwei Drittel der Führungskräfte in Krisenzeiten das Bedürfnis, autoritärer zu führen. Nicht, weil das besser funktioniert, sondern um sich selbst zu stabilisieren.
Doch Mitarbeitende wünschen sich etwas ganz anderes:
- Klarheit in Zuständigkeiten
- Transparente Kommunikation
- Ein stabiles soziales Miteinander
Ein autoritärer Reflex trifft auf ein Bedürfnis nach Verlässlichkeit und Beteiligung. Das führt zu Frust auf beiden Seiten.
Zwischen Dauerkrise und Dauerping
Diese Spannungen wirken sich nicht nur auf Führungsstile aus, sondern zeigen sich auch ganz konkret im Arbeitsalltag. Wenn Strukturen fehlen, Prioritäten sich ständig verschieben und Entscheidungen unsicher wirken, entsteht ein Gefühl von Kontrollverlust. In dieser Atmosphäre fällt es schwer, konzentriert zu arbeiten oder überhaupt einen klaren Fokus zu halten.
Die Folge: Menschen reagieren mit Rückzug, Überforderung oder Frust – und genau dort entstehen die berüchtigten Jammer-Zirkel. Begünstigt wird das durch ein Arbeitsumfeld, das von ständigen Unterbrechungen, Meeting-Overload und digitalem Dauerrauschen geprägt ist.
„Ich muss noch“ und Jammer-Zirkel
Denn: Studien belegen, dass wir im Schnitt alle 4 Minuten unterbrochen werden. Durch Chats, Tools, Meetings. Auch hierzu hat Vera Starker geforscht (Studie zu Arbeitsunterbrechungen).
Der Preis ist hoch: Konzentrationsverlust, sinkende Produktivität, steigende Krankheitsstände und das Gefühl, am Ende des Tages „nichts geschafft“ zu haben.
Dann beginnt, was Vera Starker „Jammer-Zirkel“ nennt: Teams verheddern sich in kollektiver Ohnmacht und verlieren das Wichtigste – ihre Gestaltungsfähigkeit.
Zuversicht ist kein Gefühl, sondern Führung
Vera Starker beschreibt einen Führungsstil, der einen klaren Blick auf die Realität mit einem positiven Zielbild verbindet.
Zuversicht bedeutet:
- Fokus auf das, was beeinflussbar ist
- Ein konkreter Plan, wohin die Reise geht
- Ein Arbeitsumfeld, in dem Menschen sich selbstwirksam erleben
Denn „Irgendwer muss ja die Nerven behalten.“ Und das ist nicht der Held im Anzug, sondern die kluge, klare Führungspersönlichkeit mit Haltung.
5 Impulse für mehr Zuversicht im Arbeitsalltag
Was also tun? Wer bis hier gelesen hat und mehrfach innerlich nicken musste, dem sei gesagt, dass es auch Wege aus dem Krisenmodus gibt. Vera Starker fasst zusammen:
- Ziel statt Lücke: Nicht nur auf Probleme schauen, sondern ein motivierendes Zukunftsbild entwerfen.
- Fokus ermöglichen: Konzentriertes Arbeiten braucht Ruhe, Kanalklarheit und geschützte Zeiten. Damit das funktioniert, müssen alle an einem Strang ziehen (z.B. Fokuszeit für alle Mitarbeiter:innen zu festgelegten Zeiten).
- Menschen befähigen: Mitgestaltung statt Mikromanagement.
- Jammern stoppen: Was lässt sich wirklich beeinflussen? Alles andere: loslassen.
- Selbstführung leben: Wer sich selbst gut führt, bleibt handlungsfähig – und wird zum Vorbild.
Bremen kann Zuversicht
Was Vera Starker beschreibt, ist ein Appell: Unternehmen sollen stabile Orte in einer instabilen Welt sein.
Orte, in denen Menschen spüren: „Hier bin ich wirksam. Hier kann ich gestalten.“
Gerade Bremen hat dafür beste Voraussetzungen: Überschaubarkeit, starke Netzwerke, Pragmatismus. Unternehmen können hier vorangehen und zeigen:
Wer in Bremen arbeitet, hat nicht nur einen Job. Sondern auch Orientierung.
Vera Starker ist Wirtschaftspsychologin, systemische Organisationsentwicklerin, SPIEGEL-Bestseller-Autorin und TEDx-Speakerin.
Als Co-Founderin des Berliner ThinkTanks Next Work Innovation forscht und berät sie zu neuer Arbeit, Transformation und konzentriertem Arbeiten.