Mit dem ganzen Herzen dabei

 

In der Reha-Klinik herrscht geschäftiges Treiben: Die Telefone klingeln permanent, Rollatoren quietschen über den Linoleumboden und in der Ecke der Eingangshalle wird vor Freude geklatscht: Da hat anscheinend jemand beim Kartenspielen gewonnen. Ein leichter Geruch von Desinfektionsmittel mischt sich in diese Szenerie. Und mittendrin: Kirsten Gildehaus. Sie arbeitet seit sieben Jahren als Pflegekraft in der Reha-Klinik am Sendesaal in der Bürgermeister-Spitta-Allee. Sie liebt ihren Beruf, wie sie selbst sagt, und könnte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, einen anderen Job auszuüben. Dennoch formuliert sie konkrete Wünsche an die Zukunft der Pflege.

Text: Nicolas Schiffler 

Die von der Specht Gruppe betriebene Reha-Klinik am Sendesaal entstand im Jahr 2011 im ehemaligen Gebäude von Radio Bremen. Heute verfügt das Haus über 174 Betten für die stationäre Betreuung sowie über 100 weitere Plätze in der ambulanten Rehabilitation und zeichnet sich durch ein ganzheitliches, interdisziplinär ausgerichtetes Behandlungskonzept aus. Die Reha-Klinik ist zudem die einzige Klinik in Bremen, die Kardiologie, Orthopädie und Geriatrie in einem Haus vereint.

 

Seit August 2016 arbeitet Kirsten Gildehaus hier als Pflegekraft abwechselnd auf den Stationen der Kardiologie und der Orthopädie. „Zuvor habe ich in Oldenburg meine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen. Im Anschluss bin ich nach Delmenhorst gezogen und habe dort in einem Krankenhaus auf einer chirurgischen Station mit einer Notaufnahme sowie mehreren Operationssälen gearbeitet. Dabei habe ich unheimlich viele Erfahrungen sammeln dürfen“, berichtet die 39-Jährige.

 

Noch während sie in Delmenhorst arbeitete, zog Gildehaus mit ihrem Freund nach Bremen.

„Ich wohne seit fast zehn Jahren hier und fühle mich sehr wohl. Die Altstadt und der Schnoor sind wirklich beeindruckend und nach der Arbeit gehe ich gerne mit unserem Hund im Park spazieren“, erzählt sie.

Auch von ihrer Tätigkeit in der Reha-Klinik am Sendesaal berichtet die ehemalige Oldenburgerin fast nur Positives: „Der Umgang mit Patientinnen und Patienten in der Pflege ist grundsätzlich überall ähnlich. Wir haben allerdings den Vorteil, dass wir deutlich mehr Zeit für die persönliche Betreuung haben. Bei meinem vorherigen Job im Krankenhaus hatte ich das Gefühl, dass ich nur im Akkord schufte. Das war sehr stressig und psychisch belastend. In der Reha-Klinik gestaltet sich die Arbeit anders, da wir unsere Tage sehr gut durchstrukturieren.“

Wieder selbstständig den Alltag gestalten können

„Wir arbeiten in einem Drei-Schicht-Betrieb. Mein Frühdienst startet morgens um 6 Uhr. Im Anschluss daran beginne ich mit der Patientenversorgung. Ich helfe beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen, verabreiche Injektionen oder kontrolliere die Blutdruck- und Blutzuckerwerte. Nach dieser morgendlichen Routine kommen im Laufe des Vormittags häufig neue Patientinnen und Patienten bei uns an, mit denen wir zunächst über ihre Behandlung sprechen und im Anschluss die Vitalwerte überprüfen. Am Mittag erfolgt die Übergabe an den Spätdienst. Wir arbeiten Hand in Hand und haben ein sehr schönes Miteinander.“ Anders als in Krankenhäusern sind die meisten Menschen, die in der Reha-Klinik am Sendesaal behandelt werden, im Rentenalter.

 

Das Pflegeteam um Kirsten Gildehaus, die Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sowie die Ärztinnen und Ärzte fördern und mobilisieren die Patientinnen und Patienten durch eine gezielte Behandlung, damit sie wieder nahezu unbeschwert im Alltag zurechtkommen.

„Häufig sitzen Personen nach einer Operation im Rollstuhl und sind niedergeschlagen, wenn sie bei uns in der Klinik ankommen. Wenn sie dann selbstständig das Gebäude verlassen können, erfüllt mich das mit einer unglaublichen Freude. Diese Erfolge im Heilungsprozess hautnah mitzuerleben und zu sehen, zu welchen Fortschritten die eigene Arbeit führt, ist eine Bestätigung dafür, warum ich diesen Beruf ausübe“, sagt Gildehaus.

Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft der Pflege

Auch wenn sie mit dem ganzen Herzen dabei ist und fast so etwas wie eine kleine Passion für ihren Beruf entwickelt hat, weiß Kirsten Gildehaus auch von den Schattenseiten ihrer Arbeit zu berichten: „Im Bewusstsein vieler Menschen besteht der Job einer Pflegekraft daraus, mit Urinflaschen in der Hand von einer Klingel zur anderen zu springen. Doch welche Verantwortung wir im Umgang mit den Menschen haben, wissen viele nicht.“ Dieses plakative Beispiel fasst eines der Hauptprobleme im Umgang mit Pflegefachkräften zusammen: die mangelnde Wertschätzung.

 

Angesprochen auf das, was sie sich von der Politik für die Zukunft ihres Berufsfeldes erhoffen würde, atmet sie tief ein: „Ich würde mir wünschen, dass die Arbeit in der Pflege wieder attraktiver wird. Dabei geht es mir nicht in erster Linie um die Bezahlung. Sondern darum, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass ich meinen Beruf in der Weise ausüben kann, wie ich es möchte und auch gelernt habe.“ Gegen Ende des Gesprächs ist es Kirsten Gildehaus wichtig, noch einmal die Vorzüge ihrer Tätigkeit herauszustellen: „Die Arbeit in der Pflege ist sehr sinnstiftend und ich habe immer das Gefühl, dass ich etwas Gutes leiste. Daher gehe ich im Grunde jeden Tag glücklich und zufrieden nach Hause.“